Tödliches Virus? Die Gefahr und Bekämpfung von Ebola

Das Ebolavirus löst eine Infektionskrankheit aus, die bis zu 90 Prozent aller Betroffenen tötet. Ein vielversprechender Impfstoff könnte nun endlich Schutz bieten.

Von Michael Greshko
Veröffentlicht am 28. Aug. 2019, 12:54 MESZ
Die Filamente des Ebolavirus (grün) bedecken eine infizierte Zelle fast vollständig.
Die Filamente des Ebolavirus (grün) bedecken eine infizierte Zelle fast vollständig.
Foto von Callista Images

Das Zaire Ebolavirus ist ein seltenes Virus, das Menschen und nicht menschliche Tiere wie beispielsweise Schweine und andere Primaten befällt. Es ist eines von mehreren Viren aus der Gattung der Ebolaviren, von denen allerdings nur vier Spezies dem Menschen gefährlich werden: das Zaire Ebolavirus (das für gewöhnlich gemeint ist, wenn verkürzt die Rede von Ebola ist), das Sudan Ebolavirus, das Tai Forest Ebolavirus und das Bundibugyo Ebolavirus.

Einige Viren der Ebolagattung lösen beim Menschen keine Symptome aus, darunter auch das Reston Ebolavirus, das im Buch und der Serie „The Hot Zone“ eine zentrale Rolle spielt. Die Spezies des Bombali Ebolavirus wurde 2018 zum ersten Mal anhand von infizierten Fledermäusen nachgewiesen. Noch ist unklar, ob es auch bei anderen Tierarten Krankheitssymptome auslöst.

Die Ebolaviren gehören zur Virusfamilie der Filoviren – eine Gruppe, in der auch das Marburg-Virus und das Cueva-Virus verortet sind.

Wissen kompakt: Ebola
Ebola ist eine seltene, aber extrem gefährliche Krankheit. Erfahrt, wie viele Arten des Ebolavirus existieren, wie das Virus seinen Wirt angreift und welche Symptome es verursacht.

Ebola ist eine Zoonoseerreger, kann also von infizierten Tieren auf Menschen übertragen werden. Bisher wissen Forscher nicht genau, welche Tiere als Überträger infrage kommen. Es gibt jedoch Belege dafür, dass Flughunde eine Rolle bei Übertragung des Virus auf andere Tiere wie Schimpansen, Gorillas und Ducker spielen. Menschen können sich wiederum durch Kontakt zu diesen Tieren mit dem Virus infizieren, wenn sie beispielsweise Jagd auf sie machen oder ihr Fleisch verzehren.

Das Virus löst das Ebolafieber (auch Ebola-Viruskrankheit) aus. Die schwere und oft tödliche Erkrankung zeichnet sich durch Symptome wie Fieber, Kraftlosigkeit, Durchfall, Ödeme, Erbrechen, Magenschmerzen und Blutungen aus. Im Schnitt treten die Symptome zwischen acht und zehn Tagen nach der Infektion auf.

BELIEBT

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    Ebola kann durch den Kontakt mit Körperflüssigkeiten – wie Blut, Speichel, Urin, Erbrochenem, Muttermilch – von infizierten oder an Ebola verstorbenen Menschen übertragen werden. Der Virus dringt über Schleimhäute oder verletzte Hautstellen in den Körper ein. Auch kontaminierte Nadeln und Spritzen sind ein Infektionsrisiko, ebenso wie Geschlechtsverkehr. Bei Männern, die eine Ebolainfektion überlebt haben, blieb das Virus im Sperma weiterhin nachweisbar.

    Wie gefährlich ist Ebola?

    Je nach der Immunreaktion des Patienten und dem Zugang zu medizinischer Versorgung kann Ebola in 35 bis 90 Prozent der Fälle tödlich verlaufen. Gerade deshalb sind nationale und internationale Gesundheitsbehörden so bemüht darum, Epidemien einzudämmen.

    Beim bislang schlimmsten verzeichneten Ausbruch von 2014 bis 2016 in Guinea, Liberia und Sierra Leone wurden 28.600 Menschen mit dem Ebolavirus infiziert. 11.325 von ihnen starben an den direkten Folgen der Krankheit. Eine Studie aus dem Jahr 2016 zeigte allerdings, dass die Epidemie durch das überlastete Gesundheitssystem und die Armut in der Region noch andere verheerende Folgen hatte.

    Im Jahr 2014 fehlten aufgrund des Ausbruchs Schätzungen zufolge fünf Millionen Kinder zwischen 3 und 17 Jahren in der Schule. Programme für die Kinderimpfungen wurden zeitweise eingestellt, sodass hunderttausende von Kindern anderen tödlichen Krankheiten wie Masern ausgeliefert waren. Einer Schätzung aus dem Jahr 2015 zufolge könnte das Ebolavirus indirekt für bis zu 120.000 Fälle von Müttersterblichkeit geführt haben – teilweise, weil das Gesundheitssystem unter der Last der Epidemie kollabierte.

    Auch wenn Ebola und verwandte Viren eine ernstzunehmende Bedrohung darstellen, sollte ihr Gefahrenpotenzial nicht überdramatisiert werden. Zum einen sind Ängste, dass sich Ebola durch die Luft verbreiten könne – wie einige Berichterstatter während der Epidemie 2014 bis 2016 erklärten –, völlig unbegründet: Es gibt keinerlei Belege dafür, dass sich das Virus weiterentwickelt, um sich durch die Luft verbreiten zu können.

    Zum anderen gibt es auch keine hinreichenden Belege dafür, dass ein striktes Reiseverbot, wie es 2014 verhängt wurde, die Ausbreitung des Ebolavirus effektiv verlangsamen kann. Tatsächlich kann ein Reiseverbot manche Epidemien sogar verschlimmern, wenn dadurch jene Gemeinden isoliert und stigmatisiert werden, die gerade am dringendsten Hilfe benötigen.

    Darüber hinaus ist Ebola bei Weitem nicht der einzige tödliche Virus, mit dem sich die Menschheit herumschlagen muss. Allein zwischen Oktober 2018 und März 2019 starben in den USA zwischen 28.000 und 46.800 Menschen an der Grippe. 2017 forderten die Masern weltweit 110.000 Todesopfer – und vor der Einführung der Masernimpfung starben jedes Jahr etwa 2,6 Millionen Menschen an der Erkrankung.

    Wie funktioniert der Ebolavirus?

    Das Ebolavirus verfügt über eine fadenförmige Gestalt, die weniger als ein Millionstel eines Millimeters lang ist. In diesem Filament befindet sich die RNA – ein Strang aus genetischem Material, der etwa 19.000 Basenpaare umfasst, die sieben Proteine codieren. Die Virushülle ist mit Oberflächenproteinen besetzt, deren Aufgabe darin besteht, sich im Rahmen der Infektion an das Zielmolekül anzuheften.

    Diese Oberflächenproteine dienen dabei gleichzeitig als geschickte Tarnung: Durch sein Äußeres kann das Ebolavirus die chemischen Signaturen der Überreste einer Apoptose imitieren, also eines natürlichen, vorprogrammierten Zelltods. Nachbarzellen erkennen solche Überreste und absorbieren sie, um sie zu verwerten. Im Falle einer Ebolainfektion nehmen gesunde Zellen das Virus damit in sich auf. Zunächst ist das Virus in einer Membran eingeschlossen, einem sogenannten Vesikel. Dank Proteinen an einem Ende des Virus kann es seine RNA aber aus dem Vesikel heraus und ins Innere der Zelle befördern.

    Sobald die Ebola-RNA sich erst mal frei im Zellinneren bewegen kann, übernimmt sie deren Maschinerie, um sich zu reproduzieren. Immer mehr Kopien des Virus entstehen. Irgendwann kann die Zelle dem Produktionsdruck nicht mehr standhalten und stirbt.

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    Die Symptome des Ebolafiebers entstehen aufgrund der vom Virus anvisierten Zellen. Unter denen befindet sich auch eine Gruppe von Immunzellen namens dendritische Zellen. Sie fungieren gewissermaßen als Sicherheitskameras des Körpers. Fallen sie aus, müssen andere Immunzellen blind agieren, weshalb sich das Virus so schnell vermehren kann. Darüber hinaus kann das Ebolavirus die Produktion von Interferonen stören – diese haben eine antivirale Wirkung – und sogar dafür sorgen, dass sich manche Immunzellen selbst zerstören.

    Wenn das Virus andere Immunzellen befällt, können durch die Infektion Blutgefäße geschwächt werden. Später bilden sich zahlreiche kleine Blutgerinnsel, weshalb es bei manchen Erkrankten zu Blutungen und zur Entstehung von Hämatomen kommt. Auch die Zellen der Leber, der Nebenniere und des Verdauungstraktes sind betroffen und stürzen den Körper des Erkrankten ins Chaos.

    Welche Behandlungsmöglichkeiten gibt es?

    Gesundheitsbehörden verweisen darauf, dass der Kontakt zu dem Virus von vornherein vermieden werden sollte. Das bedeutet, dass man sich von infizierten Tieren und Menschen fernhalten und sich im Zweifelsfall die Hände gründlich waschen sollte. Wenn es zu einer Infektion kommt, zielen die Behandlungen auf die Symptome ab. Zusätzlicher Sauerstoff und intravenös verabreichte Nährlösungen können dem Körper beim Kampf gegen die Krankheit helfen, ebenso wie Medikamente gegen Durchfall und niedrigen Blutdruck.

    In den letzten Jahren haben Forscher große Fortschritte bei der Entwicklung eines experimentellen Impfstoffes namens rVSV-ZEBOV gemacht. Im Jahr 2015 testeten internationale Forscher den Impfstoff an 11.841 Menschen in der Region Basse-Guinée – er erwies sich zu 100 Prozent als effektiv. In den USA sollte er im Laufe des Jahres offiziell zur Verwendung freigegeben werden.

    Darüber hinaus werden experimentelle antivirale Medikamente entwickelt, welche die Vermehrung des Ebolavirus im Körper stoppen können.

    Eine kurze Geschichte der Ebola-Epidemien

    Das Ebolavirus wurde erstmals im Herbst 1976 formell identifiziert. Damals kam es zu einem Ausbruch bei Yambuku, einem Dorf in der Nähe des Flusses Ebola im Norden der Demokratischen Republik Kongo (damals noch Zaire). Vom 1. September bis zum 24. Oktober des Jahres erlagen 318 Dorfbewohner dem Fieber – etwa acht von neun Infizierten starben. Gleichzeitig wurden 284 Menschen im Sudan – darunter 37 Prozent der Mitarbeiter einer Baumwollfabrik – von einem ähnlichen Virus befallen. 151 von ihnen starben binnen weniger Wochen nach der Infektion. Zwischen 1977 und 1988 verzeichneten Gesundheitsbehörden insgesamt 35 Ausbrüche im Sudan und der Demokratischen Republik Kongo. Bei 23 davon kam es zu Todesfällen.

    Im Jahr 1989 sahen sich die Menschen auf den Philippinen und in den USA dann mit einem Szenario konfrontiert, welches später „The Hot Zone“ inspirierte. Am 2. Oktober 1989 wurden 100 Affen von den Philippinen nach New York City transportiert und von dort aus weiter zu Hazleton Research Products in Reston, Virginia. Das Unternehmen pflegt und verkauft Tiere für Labortests. Bis zum 12. November waren 14 der Affen gestorben oder mussten eingeschläfert werden, weil sie Symptome eines hämorrhagischen Fiebers gezeigt hatten.

    Tests ergaben, dass die Affen mit einer Form des Ebolavirus infiziert waren. Vier Mitarbeiter des Unternehmens wurden ebenfalls positiv auf Ebola getestet. Einer von ihnen schien sich das Virus eingefangen zu haben, als er sich während der Untersuchung eines verstorbenen Affen versehentlich mit einem Skalpell geschnitten hatte. Das alarmierte Unternehmen verständigte Wissenschaftler der US-Armee, um die Situation unter Kontrolle zu bringen. Sie mussten die verbleibenden Affen einschläfern und die Anlage sterilisieren, ohne eine Panik auszulösen oder die öffentliche Gesundheit zu gefährden.

    Glücklicherweise zeigten die Personen, die mit dem Virus in Kontakt gekommen waren, keinerlei Symptome. Auch auf den Philippinen wurden die Pfleger der importierten Tiere getestet. Bei einigen von ihnen fand man Antikörper gegen das Virus im Blut, aber auch sie zeigten keine Symptome. 1992 tauchte derselbe Virusstrang erneut auf, diesmal in einer italienischen Einrichtung mit importierten Primaten. Diese Virusspezies, die mittlerweile als Reston Ebolavirus bekannt ist, verursacht bei Menschen keine Krankheitssymptome.

    Nur wenige Jahre später mussten Gesundheitsbehörden mit der bis dato größten Ebolaepidemie fertigwerden, die 1995 rund um die kleine Stadt Kikwit in der Demokratischen Republik Kongo wütete. Zunächst hatte sich das Virus über einige Familien und Krankenhäuser verbreitet. Ein Viertel aller Infizierten arbeitete im Gesundheitsbereich. Glücklicherweise gingen die Krankheitsfälle unter dem medizinischen Personal zurück, als man anfing, spezielle Gesichtsmasken und Schutzkleidung zu tragen. Insgesamt starben 250 Menschen – 79 Prozent der 315 Infizierten.

    In den kommenden 20 Jahren kam es immer wieder zu Einzelfällen und Ausbrüchen: Im Jahr 2000 wurden 425 Menschen in Uganda infiziert; 2005 verstarb ein russischer Labortechniker, der mit dem Virus in Kontakt gekommen war. Die bislang größte und verheerendste Ebolaepidemie begann Ende 2013 und wurde im März 2014 offiziell als solche anerkannt, nachdem Gesundheitsbehörden 49 Infektionen und 29 Todesfälle im westafrikanischen Guinea bestätigt hatten.

    Im Juli 2014 hatte sich das Virus bis in die guineische Hauptstadt Conakry sowie nach Monrovia und Freetown ausgebreitet, die Hauptstädte der Nachbarländer Liberia und Sierra Leone. Als der Ausbruch im Juni 2016 offiziell für beendet erklärt wurde, hatten sieben weitere Länder – Italien, Mali, Nigeria, Senegal, Spanien, Großbritannien und die USA – ebenfalls mehrere Ebolafälle gemeldet, einige davon unter medizinischem Personal.

    Die Epidemie von 2014-2016 war der erste Ebolaausbruch, der dicht besiedelte Städte getroffen hatte, weshalb er besonders verheerend und schwierig einzudämmen war. Fast drei Viertel aller Fälle betrafen Familienmitglieder von Verstorbenen. Der Kontakt zu den Leichnamen Infizierter erwies sich als eine der effektivsten Verbreitungsmöglichkeiten für das Virus.

    Infolgedessen ermahnten die WHO und andere Gesundheitsbehörden strengstens dazu, Ebolatote so schnell wie möglich und ausschließlich von Fachkräften in Schutzkleidung begraben zu lassen. Allerdings machen es diese Vorgaben nicht immer einfach, die Toten in Würde zu bestatten oder den trauernden Angehörigen genug Zeit zu geben, um Abschied zu nehmen.

    Aktuell kämpfen lokale und internationale Gesundheitsbehörden gegen die bislang zweitschlimmste dokumentierte Ebolaepidemie in der Demokratischen Republik Kongo. Allein bis zum 26. August 2019 gab es 2.878 bestätigte Infektions- und 1.889 bestätigte Todesfälle.  

    Erneut erweist sich eine Eindämmung der Infektion als große Herausforderung – nicht zuletzt aufgrund von Angst und Misstrauen unter der Bevölkerung. Berichten lokaler Medien und der WHO zufolge betrachten viele Gemeinden die strikten Seuchenschutzmaßnahmen mit Befremdnis. Immer wieder kommt es zu Angriffen militanter Gruppen auf Krankenhäuser und andere medizinische Einrichtungen. Die Behörden erklären, dass sie aktiv daran arbeiten, das Vertrauen der Bevölkerung wiederherzustellen und die Infektion zu bekämpfen.

    Der Artikel wurde ursprünglich in englischer Sprache auf NationalGeographic.com veröffentlicht.

     

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