Wilderei: Botswana evakuiert seine letzten Spitzmaulnashörner

Durch den pandemiebedingten Touristenmangel scheinen die Wilderer im Okavangodelta dreister zu werden. Zu ihrem Schutz werden die Tiere deshalb umgesiedelt.

Von Dina Fine Maron
Veröffentlicht am 5. Mai 2020, 16:23 MESZ, Aktualisiert am 8. Sept. 2021, 09:04 MESZ
Spitzmaulnashörner

Spitzmaulnashörner sind vom Aussterben bedroht. Im Okavangodelta in Botswana werden sie von Wilderern wegen ihrer Hörner gejagt. Um die Tiere zu schützen, organisiert die Regierung nun die Evakuierung des Bestands.

Foto von Cory Richards, Nat Geo Image Collection

Mitten im Kampf gegen anhaltende Überschwemmungen versuchen die Behörden im Nordwesten Botswanas, die letzten verbleibenden Spitzmaulnashörner in der Weite des sumpfigen Okavangodeltas zu evakuieren. Tagelang mühten sie sich ab, die Nashörner zu finden und abzutransportieren, was durch die teils überschwemmten Straßen verkompliziert wurde. Der Grund für den Aufwand: Im März töteten Wilderer sechs der seltenen Tiere.

Die botswanischen Behörden betrachten die Evakuierung als Notwendigkeit. Sie sind besorgt, dass die Wilderer durch die pandemiebedingte Abwesenheit von Safaritouristen in der Region um den Okavango ermutigt werden, sagt Dereck Joubert. Zusammen mit seiner Frau Beverly leitet er die gemeinnützige Organisation Rhinos Without Borders, die sich der Umsiedlung von Nashörnern aus Gebieten widmet, in denen besonders intensiv gewildert wird. Die Tiere werden in Bereiche in Botswana umgesiedelt, die als sicherer gelten. Wenn weniger Menschen in den Schutzgebieten unterwegs sind, ist es für die Wilderer auch leichter, sich ungesehen zu bewegen. Im letzten Monat wurden trotzdem sechs Wilderer von offiziellen Justizvertretern getötet, wie Botswanas Ministerium für Umwelt, Ressourcenschutz und Tourismus berichtet.

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Diese jungen Mangusten spielten gerade miteinander, als ein Nashornvogel auftauchte.

„Das Ministerium ist sich der Tatsache sehr bewusst, dass Wilderer versuchen könnten, die Kontaktbeschränkungen und den Touristenmangel in entlegenen Gegenden auszunutzen, um ihre illegalen Aktivitäten durchzuführen“, erklärte die Regierung Botswanas am 27. April in einer Pressemitteilung. Außerdem habe man im letzten Monat die Überwachung durch Einheiten zur Wildereibekämpfung verstärkt. Seit dem Beginn des botswanischen Corona-Lockdowns Anfang April gab es keine neuen Meldungen über gewilderte Nashörner.

Der afrikanische Gesamtbestand von Breitmaulnashörnern wird auf 20.000 Tiere geschätzt. Von Spitzmaulnashörnern gibt es hingegen nur etwa 4.500, weshalb sie als vom Aussterben bedroht gelten. Im Bereich des Okavango leben beide Arten, aber nur die seltenen Spitzmaulnashörner werden in Sicherheit gebracht. 1992 fiel Botswanas letzte einheimische Spitzmaulnashornpopulation Wilderern zum Opfer. Seit den frühen 2000ern wurde eine kleine Zahl der bedrohten Tiere aus Südafrika wieder im Land angesiedelt – einige davon mit der Hilfe der Jouberts. Beide sind National Geographic Explorer und betreiben mit ihrem Unternehmen Great Plains Conservation eine Reihe von Öko-Lodges im Okavangodelta. Sie schätzen, dass derzeit weniger als 20 Spitzmaulnashörner im Delta leben.

Die aktuelle Evakuierung in ein nicht näher genanntes Gebiet ist auch deshalb so dringlich, weil die Beteiligten sie vor dem kommenden Vollmond am 7. Mai abschließen wollen, so Joubert. Wenn der Vollmond am Himmel steht, macht sein helles Licht es den Wilderern besonders einfach, Nashörner auch ohne den Einsatz von Taschenlampen zu finden und zu töten. Gerade das Taschenlampenlicht ist für die Ranger aber ein wichtiges Signal, wenn sie nachts auf Patrouille sind. (Der Vollmond im letzten Monat ist vermutlich einer der Schlüsselfaktoren für die Zunahme der Wilderei in Südafrika gewesen.)

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„Jedes Mal, wenn es in Afrika einen Blutmond oder Vollmond gibt, schaudert es allen Naturschützern – besonders denen, die sich für den Schutz der Nashörner einsetzen“, sagt Joubert.

Deshalb versuchen die Behörden, noch vor dem Vollmond so viele Nashörner wie möglich zu evakuieren. Rhinos Without Borders wurde um Hilfe für das Unterfangen gebeten und leiht den Behörden Equipment, insbesondere Trucks und medizinische Vorräte.

Durch die heftigen Regenfälle und Überschwemmungen gestaltet sich die Suche nach den Tieren, die schon unter normalen Bedingungen eine Herausforderung ist, besonders schwierig. Wenn von der Luft aus Nashörner entdeckt werden, schickt man Fahrzeuge an ihre Position – sofern es die Straßenverhältnisse zulassen, so Joubert. „Wenn es hier viel regnet, werden die Straßen sehr schlammig. Das gehört irgendwie zur Romantik dieses Ortes“, sagt John Hilton. Der Naturschützer hat in der Region bereits Erhebungen zur Vogelpopulation durchgeführt und ist der regionale Direktor für das National Geographic Okavango Wilderness Project. „Das ist einer der Gründe, aus denen es Touristen dorthin zieht – dass es so schlecht zu erreichen ist. Das ist Teil des Charmes.“ In einem normalen Jahr wäre für den Tourismus gerade Hochsaison und die Leute würden per Flugzeug oder Boot ankommen – trotz der Regenfälle und Überschwemmungen.

Das Ziel der umgesiedelten Nashörner in Botswana bleibt vertraulich. „Ich kann nur sagen, dass wir die nötigen Maßnahmen ergreifen, um unsere Nashörner zu schützen“, sagt Cyril Taolo, der ausführende Direktor für Botswanas Amt für Wildtiere und Nationalparks. Weitere Informationen über die Evakuierung gab es nicht: „Ich bin nicht in der Position, über irgendwelche Details zu aktuellen Verfahren zu sprechen.“

Die Jouberts betonen, wie wichtig es sei, jetzt zu handeln. In den letzten Jahren wurde in Botswana verstärkt Jagd auf Elefanten und Nashörner gemacht. Der lukrative Handel mit den Hörnern der Nashörner wird in der Region von internationalen Verbrechersyndikaten kontrolliert, sagen Wildtierexperten. Im letzten Jahr schlachteten Wilderer mehr als zwei Dutzend Nashörner im Land ab. Diese Quote wurde 2020 schon in den ersten vier Monaten übertroffen, sagt Dereck Joubert.

Trotzdem ist Botswana für ihn immer noch einer der sichersten Orte für die Nashörner in Afrika. „Auch wenn wir jedes getötete Nashorn betrauern, und auch jeden Elefanten, muss man das im Kontext sehen“, sagt er. „Die Zahl [der Tötungen] ist in Botswana immer noch relativ niedrig.“

Der Artikel wurde ursprünglich in englischer Sprache auf NationalGeographic.com veröffentlicht.

 

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