Wilderer töten beliebten Silberrücken in Uganda

Das 25 Jahre alte Männchen Rafiki wurde mit einem Speer erstochen. Er ist Opfer einer Krise, die sich durch das Coronavirus weiter zuspitzt.

Von Jack Losh
Veröffentlicht am 15. Juni 2020, 12:22 MESZ
Rafiki (hier zu sehen mit einem Weibchen) hatte seit 2008 seine Gruppe von 17 Gorillas angeführt.

Rafiki (hier zu sehen mit einem Weibchen) hatte seit 2008 seine Gruppe von 17 Gorillas angeführt.

Foto von Allan Carlson, WWF

Ein berühmter Berggorilla ist Wilderern zum Opfer gefallen – es ist ein herber Rückschlag für die jahrzehntelangen Bemühungen von Artenschützern, die um das Überleben der stark gefährdeten Tiere kämpfen.

Die Behörden in Uganda verhafteten vier mutmaßliche Wilderer, wie die ugandische Wildtierbehörde am 12. Juni mitteilte. Auf ihr Konto geht der Tod von Rafiki. Der 25-jährige Silberrücken führte seit 2008 eine Gruppe von 17 Gorillas im westugandischen Bwindi-Impenetrable-Forest-Nationalpark im Westen Ugandas an.

Der Menschenaffe war ein Touristenliebling. Er starb, nachdem ihm ein Wilderer einen Speer in den Bauch gestoßen hatte, der bis zu den inneren Organen vordrang, wie aus einem Obduktionsbericht hervorgeht. Zuletzt war 2011 ein Berggorilla von einem Menschen getötet worden.

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Rafikis Familie sucht regelmäßig auch jenseits der Parkgrenzen nach Futter. Deshalb sei sie „eine symbolträchtige Gruppe in Bezug auf das Zusammenleben“ mit Menschen, sagt Anna Behm Masozera. Sie ist die Direktorin des International Gorilla Conservation Programme, einer regionalen Koalition von Umweltgruppen. „Der Tod von Rafiki und die Umstände, unter denen er starb, sind enorm bedeutsam. Er war das einzige geschlechtsreife Männchen in dieser berühmten Gruppe.“

Rafiki galt seit 1. Juni als vermisst. Ein Suchtrupp fand seinen verstümmelten Kadaver am folgenden Tag. Ranger verfolgten einen Verdächtigen bis in ein nahegelegenes Dorf, wo er angeblich mit Buschfleisch, Schlingfallen, einem Speer und Glocken für die Halsbänder von Jagdhunden gefunden wurde. Er gestand, dass er und drei andere Männer im Park Antilopen gejagt hatten. Dabei soll Rafiki ihn angegriffen haben, weshalb er ihn aus Notwehr getötet habe.

Nach den strengen ugandischen Gesetzen droht den vier Männern lebenslange Haft oder eine Geldstrafe von 5,4 Millionen Dollar, falls sie für schuldig befunden werden, eine vom Aussterben bedrohte Tierart getötet zu haben.

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    Zwar wurde Rafiki nicht seines Fleisches wegen getötet, aber der Vorfall ereignete sich nach der Warnung von Naturschätzen und Regierungsbeamten, dass die Coronavirus-Pandemie und die damit einhergehenden Abriegelungen die Menschen dazu zwingen könnten, aus Verzweiflung zu wildern. Durch die landesweite Ausgangssperre sind Nationalparks geschlossen. Auch Ökotourismus-Expeditionen, bei denen die Gorillas in ihrem natürlichen Lebensraum beobachtet werden können – die Haupteinnahmequelle für den Gorillaschutz –, wurden ausgesetzt.

    „Im gesamten Verbreitungsgebiet der Berggorillas berichten Parkmanager von überdurchschnittlich hoher menschlicher Aktivität – ein Großteil davon illegal“, sagt Behm Masozera.

    Das wiederum bringt zusätzliche Gefahren mit sich. Illegale Jagd kann Menschen in Kontakt mit Berggorillas bringen, wie es bei Rafiki der Fall war. Das erhöht das Risiko der Übertragung des Coronavirus, denn aufgrund unserer genetischen Ähnlichkeit können sich Primaten Atemwegserkrankungen vom Menschen einfangen.

    Hoffnung trotz Rückschlag

    Durch Jahrzehnte des verheerenden Bürgerkriegs und der ungezügelten Wilderei war die Population der Berggorillas in den 1980er Jahren auf rund 350 Tiere zusammengeschrumpft. Durch Artenschutzmaßnahmen erlebten sie danach einen erstaunlichen Aufschwung. Heute gibt es wieder mehr als 1.000 Tiere, die sich auf zwei Hauptpopulationen in Bwindi und ein Netz aus Parks in der Virunga-Bergkette verteilen. Im Jahr 2018 stufte die Weltnaturschutzunion den Status der Berggorillas von „vom Aussterben bedroht“ auf „stark gefährdet“ zurück.

    Teil der erfolgreichen Strategie zur Bewahrung der Art ist die Zusammenarbeit mit lokalen Gemeinden und die Unterstützung ihrer Ökotourismus-Projekte, sagt Behm Masozera. Touristen zahlen über 600 Dollar pro Person für eine offizielle Erlaubnis, um die Gorillas für eine Stunde zu besuchen. Aber der Mangel an westlichen Touristen in den letzten Monaten hat die Lebensgrundlage der lokalen Träger, Ladenbesitzer, Hotelangestellten und anderer Arbeiter aus den Gemeinden am Rande des Nationalparks zerstört.

    Einige der Betroffenen können sich mit Subsistenzlandwirtschaft über Wasser halten. Aber die bevorstehende Trockenzeit wird ihre Ertragsmenge verringern und ihre wirtschaftliche Situation verschlechtern.

    Naturschützer befürchten außerdem, dass Rafikis Tod seine Familie – die Nkuringo-Gruppe – spalten könnte.

    „Silberrücken wie Rafiki spielen eine wirklich wichtige Rolle für die Stabilität und den Zusammenhalt der Gruppe, weshalb dieser Verlust einen großen Einfluss auf die Gruppe haben wird“, sagt Cath Lawson, eine Primatologin und Regionalmanagerin für Ostafrika beim WWF-UK. „Sein Tod ist tragisch.“

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    Möglicherweise wird ein anderer Silberrücken, der nicht so an Menschen gewöhnt ist, die Gruppe übernehmen. Dieser würde die Familie jedoch von den Touristen wegführen, was die Wirtschaft der Region noch weiter belasten würde.

    Wenn Silberrücken gestorben sind, kam es in der Vergangenheit oft vor, dass sich die verbleibenden Mitglieder ihrer Familie auf andere Gruppen aufgeteilt haben. Dort laufen die Jungtiere allerdings Gefahr, von anderen Silberrücken getötet zu werden.

    Trotz der Herausforderungen sind die Naturschützer entschlossen, die Errungenschaften aus jahrzehntelanger Arbeit zum Schutz der Berggorillas nicht zu verlieren.

    „Das ist ein Rückschlag“, sagte Behm Masozera. „Aber eine friedliche Koexistenz ist ein Ziel, das nicht über Nacht erreicht wird.“

    Der Artikel wurde ursprünglich in englischer Sprache auf NationalGeographic.com veröffentlicht.

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